Berlin,
       56. Internationale Filmfestspiele Berlin ( 09. - 19.02.2006)

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  18.02.  
"So einfach ist diese Welt einfach nicht"
Requiem (Wettbewerb)


Ein religiöses Leben, Wallfahrten, Gebetsketten, und Dämonen - nein das ist kein Film aus dem nahen oder mittleren Osten, das ist ein Film über das Leben einer jungen Frau (Michaela) in den Siebzigern, die an Epilepsie leidet und dennoch, gegen den Willen ihrer Mutter, in Tübingen studiert. "Es ist weniger ein Film über Exorzismus als über eine nicht geglückte Ablösung einer Tochter von der Mutter", sagte Schmid. "Es ist auch vorstellbar, dass so etwas heute passiert. Es ist eine Geschichte über eine junge Frau, die von Menschen umgeben ist, die sie lieben, ihr aber nicht helfen können", so der Regisseur.

Mit ihrem intelligenten Film zeigen Hans-Christian Schmid und sein Drehbuchschreiber Bernd Lange nicht nur ein vielschichtiges Bild auf eine Familie und ihren Mechanismen, sondern auch ein genaues Bild des deutschen Kleinstadtlebens in jenen Jahren. Dem gegenüber steht der Aufbruch der Siebzigern und der Versuch Michaelas daran teilzuhaben. Schmids Film verzichtet auf jegliche Horrorelemente, denn um Exorzismus geht es nicht. Er zeigt die Frau, die gegen ihre Mutter ankämpft und am Ende für sich und die Familie eine Märtyrerin wird. Der Film bekam viel Lob von der internationalen Presse, und ginge es nach der Applaus auf der Pressekonferenz, hätte dieser Film ernsthafte Chancen auf den Goldenen Bären.




Inspiriert von einer wahren Begebenheit, erzählt der Film die Geschichte von Michaela Klingler, einer jungen Frau. Zerrissen zwischen Familie, Glaube und Krankheit, wird sie noch Anfang der 70er Jahre Opfer eines Exorzismus. In einem streng katholischen Elternhaus aufgewachsen, zieht sie mit 21 Jahren nach Tübingen, um dort Pädagogik zu studieren. Während sie in ihrem Vater einen Verbündeten hat, der ihr den Rücken stärkt, sieht die besorgte Mutter, die ihre an Epilepsie erkrankte Tochter in einen engen Kokon aus Verboten und Vorsichtsmaßnahmen einzuspinnen versucht, dem Studium mit gemischten Gefühlen entgegen.

Glücklich, das kleinbürgerliche Umfeld hinter sich gelassen zu haben, genießt Michaela die neue Freiheit und findet in Hanna und Stefan schnell Freunde an der Uni. Doch Michaela wird von ihrer Vergangenheit eingeholt: Trotz ärztlicher Behandlung hat sie immer öfter mit epileptischen Anfällen und Wahnvorstellungen zu kämpfen. Sie hört Stimmen und glaubt, von Dämonen besessen zu sein. Als Hanna sie eines Morgens bewusstlos zwischen um­gestoßenen Möbeln im Zimmer ihres Studentenwohnheims findet, kann Michaela ihrer Freundin die schwierige Vergangenheit, die sie hinter sich lassen wollte, nicht länger verheimlichen. In ihrer Verzweiflung sucht Michaela dort Hilfe, wo sie es gewohnt ist: in der Kirche ihres Heimatortes und bei ihrem Vertrauten, dem Dorfpfarrer Landauer.

Landauer macht sie mit einem Kollegen bekannt. Nach anfänglichem Misstrauen lässt sich Michaela auf ein langes Gespräch mit dem jungen Priester Martin Borchert ein. Anschließend geht es Michaela besser, sie fühlt sich leicht und beschwingt. Doch als sie die Weihnachtsferien bei den Eltern verbringt, verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand erneut. Zunächst kommt es zu einem offenen Streit mit der Mutter, dann erlebt Michaela einen schlimmen Anfall. Die Eltern wissen sich keinen anderen Rat, der zunehmend aggressiven Tochter zu helfen, als die Priester zu verständigen.

Requiem D, 2005, 93 min Regie: Hans-Christian Schmid ("Lichter", "Nach Fünf im Urwald") Buch Bernd Lange Darsteller: Sandra Hüller, Burghart Klaußner, Imogen Kogge
Kinostart: 02.03.2006


37 Uses for a Dead Sheep (Forum)

Der britisch-türkische Dokumentarfilm «37 Uses for a Dead Sheep» von Ben Hopkins ist bei der Berlinale mit dem Caligari- Filmpreis ausgezeichnet worden. Der ungewöhnliche Dokumentarfilm handelt von einer Geschichte die man zuerst gar nicht glauben will. Die Pamirkirgisen sind ein etwa zweitausend Menschen umfassender Stamm aus der Pamirregion in Zentralasien. Die letzten siebenundzwanzig Jahre haben sie im Exil im Osten der Türkei verbracht. Ende des 19. Jahrhunderts began jedoch eine fast 100-jährige Wanderschaft, von ihrer russischen Heimat über China nach Afghanistan. Das Leben in den unwirklichen Weiten des Himalaya forderte bei Tier und Mensch seinen Tribut und so nahmen die verbliebenen 2000 Pamir Kirgisen 1982 schließlich das Angebot der Türkei an an, in die Osttürkei umzusiedeln.



2005 begab sich ein englisch-türkisches Filmteam in das Dorf, um die Angehörigen des Stammes ihre Geschichte erzählen zu lassen. In mehreren in ‘Kapitel‘ unterteilten Szenen sind neben aufschlussreichen Interviews mit den Kirgisen spannende und unterhaltsame, auf Filmmaterial gebannte nachgestellte Ereignisse in unterschiedlichsten fi lmischen Stilen zu sehen sowie amüsante Szenen mit der Filmcrew und der Dorfgemeinschaft. Im Laufe dieses Prozesses erfährt der Zuschauer, wie die Antipathie der Pamirkirgisen gegenüber dem Kommunismus den Stamm zunächst aus der Sowjetunion über das maoistische China in das von der Sowjetunion okkupierte Afghanistan und schließlich in sein derzeitiges Exil verschlug. Während die Vergangenheit durch Interviews und Rekonstruktionen erhellt wird, wird auch das heutige Leben der Pamirkirgisen in der Türkei gezeigt. Der Film ist zugleich ein historisches Dokument, eine ethnografi sche Studie dieses einzigartigen Volkes, eine Darstellung des Konfl ikts zwischen einer einzelnen und globalisierter Kultur und nicht zuletzt eine Komödie über den Prozess des Filmemachens.



Dieser Dokumentarfilm war ein komplexes Vorhaben von Anfang an; die Kirgisen selbst spielten rekonstruierte Szenen ihrer eigenen Geschichte, die sie so in organischer Zusammenarbeit mit den Filmemachern erinnerten und erzählten.Das schmale Budget hatte zur Folge, dass nur ein kleines Filmteam zurVerfügung stand und wir uns während der Dreharbeiten entscheidend auf die Hilfe der kirgisischen Gemeinschaft verlassen mussten. Aber gerade diesem Umstand verdankt der Film seine einzigartige Erzählweise. Sein außergewöhnliches visuelles Erscheinungsbild ist auf die Kombination von vier verschiedenen Formaten zurückzuführen:
16mm und Super8 für die Rekonstruktionen, Digi Beta für die Interviews und DV für die dokumentierenden Aufnahmen des Films im Film. Die Kirgisen waren großartig und sehr engagiert, obwohl sie das frühe Aufstehen verabscheuten. Selbst als die Bolex-Kamera ausgerechnet am schwierigsten Drehtag bei der ‘großen Migrationsszene‘ mit fünfundvierzig Pferden und zweihundertfünfzig Menschen kaputt ging, kamen sie – wenn auch nach längerem Bitten – zurück, um das Ganze erneut zu drehen. Dass wir ihnen drei Schafe zum Mittagessen kauften, half dabei, das Geschäft zu besiegeln!

37 Uses for a Dead Sheep GB/TÜR 2006, 89 min Regie: Ben Hopkins Sektion: Forum So 19.02. 16:30 Delphi Filmpalast (E)


Be Ahestegi... | Gradually... (Panorama)

Durch den verschobenen Termin des Teheraner Filmfestivals, ist es der Berlinale in diesem Jahr möglich, gleich fünf iranische Spielfilme in den unterschiedlichen Sektionen zu haben. Die Filme "Offside" von Jafar Panahi und "Zemestan " von Rafi Pitts laufen sogar im Wettbewerb.

Be Ahestegi…” von Maziar Miri beginnt ähnlich wie der Wettbewerbsfilm "Zemestan im Winter. Mahmoud arbeitet außerhalb Teherans als Schweißer bei der Eisenbahn. Er liebt seine Frau Pari aufrichtig. Aber Pari leidet an einer psychischen Erkrankung. Als Mahmoud erfährt, dass sie überraschend verschwunden ist und schon mehr als eine Woche lang nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung in Teheran angetroffen wurde, verlässt er seine Arbeitsstelle und macht sich auf die Suche nach der Vermissten.

 


Auf seinen Streifzügen durch die Straßen der iranischen Metropole schließt Mahmoud die unterschiedlichsten Bekanntschaften. Doch die meisten Begegnungen, die er hat, sind unangenehmer Natur. In der Regel reagieren die Menschen unfreundlich, gefühllos und böswillig auf seine Nöte. Wie eine zweite Folie, läuft im Hintergrund ein zweiter Film. Fast schon staunend nimmt man eine Szene auf der Polizeiwache, in der Jugendliche wegen einer Party festgehalten werden, zur Kenntnis. Eine leichte
Ahnung davon was abseits der täglichen Nachrichtenbilder aus dem Iran das Leben der Iraner bestimmt, gibt diese zweite Folie her.

Be Ahestegi... | Gradually... Iran, 2005, 77 min Regie: Maziar Miri Darsteller: Mohammad-Reza Foroutan, Niloofar Khoshkholgh, Hassan Poorshirazi, Maryam Boobani


Berlinale Kamera für Peter B. Schumann

Als Lateinamerikaexperte prägte Schumann, 1941 geboren, vor allem das Internationale Forum des Jungen Films, dem er seit der Gründung 1971 angehörte – von 1980 bis 2003 im Auswahlkomitee. Von 1966 bis 1970 leitete Schumann die Retrospektive der Berlinale. Seit den Sechziger Jahren Autor zahlreicher Fernsehdokumentationen und Radiofeatures, verfasste er auch eine der ersten Geschichten des lateinamerikanischen Films, Historia del cine latinoamericano (1987). Der Publizist Peter B. Schumann war 35 Jahre lang Mitarbeiter des Forums und leitete zuvor die Retrospektive. Die Berlinale Kamera wird seit 1986 verliehen. Seit 2004 wird die Auszeichnung von dem Düsseldorfer Juwelier Georg Hornemann gestiftet.


Gläserner Bär für den besten 14plus-Film

Die Jury des Jugendfilm-Wettbewerbs 14plus verleiht bei den 56. Internationalen Filmfestspielen Berlin den Gläsernen Bären für den besten Spielfilm sowie eine Lobende Erwähnung an folgende Filme:
 
Der Gläserne Bär für den besten Spielfilm 
 
Fyra Veckor i Juni (Four Weeks in June) von Henry Meyer, Schweden 
 
„Die humorvolle und zugleich berührende Geschichte einer Beziehung zwischen Jung und Alt hat uns überzeugt und nachdenklich gestimmt. Das Aufeinandertreffen von Zukunft und Vergangenheit verkörpern in diesem Film zwei hervorragende Schauspieler in wundervollen Dialogen.“
 
Die Lobende Erwähnung 
 
Kamataki von Claude Gagnon, Kanada/Japan 
 
„Elementare Begegnungen helfen einem Menschen, der nicht mehr fähig ist zu fühlen, die Lebensfreude wiederzuentdecken. Die intensiven Bilder des Films lassen eine bezaubernde Atmosphäre entstehen, und der Wechsel von dynamischen und ruhigen Momenten fesselte uns.“


Berlinale Talent Campus: Der Nachwuchs im Rampenlicht

Listen to and learn from each other – der Talent Campus ist eine inspirierende Chance für Filmemacher, um zusammen zu kommen“, so Filmmusikkomponist Stephen Warbeck (Shakespeare in Love) über seine Erfahrungen beim Berlinale Talent Campus. Mit einer feierlichen Preisverleihung klang der Campus am gestrigen Donnerstag aus: Sieger der Volkswagen Score Competition ist Alasdair Reid aus Großbritannien. Zum Talent Movie of the Week wählten die 520 Talente aus 101 Ländern den Film High Maintenance von Regisseur Phillip Van aus USA. Bereits zum Auftakt des Campus war der Berlin Today Award an die Brasilianerin Anna Azevedo verliehen worden.
 
Vom 11.-16. Februar 2006 konnten sich die Nachwuchsfilmer in Workshops, Vorträgen und Diskussionsrunden weiter bilden, Kontakte knüpfen und den Profis des internationalen Filmbusiness über die Schulter schauen: U.a. Charlotte Rampling, Wim Wenders, Park Chan-wook, Michel Gondry, Matthew Barney, die Kameraleute Christopher Doyle und Anthony Dod Mantle, Komponist Stephen Warbeck sowie die Film-Editoren Jim Clark und Angie Lam standen den jungen Talenten mit Rat und Tat zur Seite. 16.000 Besuche zählte der Berlinale Talent Campus für die zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen im Haus der Kulturen der Welt sowie für das Spezialprogramm „Films on Hunger, Food & Taste“.


Verleihung des PanoramaPublikums Preis 2006

Die Stimmen des Publikums sind ausgezählt: Der PanoramaPublikumsPreis 2006, verliehen von Radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und dem Stadtmagazin Tip in Zusammenarbeit mit der Panorama-Sektion der Berlinale, geht an den Dokumentarfilm Bubot Niyar (Paper Dolls), Regie: Tomer Heymann.

LINKS

Hans-Christian Schmid/ Interview BR
http://www.requiem-derfilm.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Anneliese_Michel
http://de.wikipedia.org/wiki/Requiem
"Dämon des Guten" von Christiane Peitz Tagesspiegel 17.02.02
"Näher dran hält man nicht aus" Interview von Cristina Nord TAZ 17.02.02
Teufelsaustreibung, Sendung vom 24. November im ARD

http://www.kinderfilmfest.net/
http://www.berlinale-talentcampus.de/

 
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