Häufig sind Filme über die Mafia und die 'Ndranghet a nichts anderes als Genre-Filme. So einen Film wollte ich nicht machen. Von Anfang an h atte ich das Bedürfnis, die Geschichte aus den Blickwinkeln der weiblichen Figuren zu erzä hlen, weil mir das interessanter erschien und so noch nicht dagewesen ist. Bei einer kalabris chen Familie geht das auch kaum anders. Es sind die Frauen, die durch ihre Einstell ung und ihr Verhalten, sei es nun auf Rache oder auf Versöhnung ausgerichtet, die Familie n beeinflussen, antreiben, retten oder zerstören. Auf den ersten Blick ist Kalabrien eine patriarchale Gesellschaft, aber in Wirklichkeit haben die Frauen viel mehr Macht, als das nach außen scheint. Die blutigsten Fehden entstehen und enden, weil die Frauen das so entscheiden. Und daher können allein die Frauen die 'Ndrangheta besiegen, von innen heraus.

Dazu bedarf es tiefgreifender kultureller Prozesse und Wandlungen, bei denen die Frauen die Schlüsselrolle einnehmen, weil sie es sind, die in Kalabrien ihren Kindern zeigen, wie man der Welt gegenübertreten soll. Das Kind entwickelt seine eigene Persönlichkeit in erster Linie anhand der Gefühlen und Empfindungen, die ihm seine Mutter bewusst oder unbewusst vermittelt. Die Macht der 'Ndrangheta geht vom Vate r auf den Sohn über, das ist die patriarchale Seite dabei. Wenn aber die Kinder nich t mit den Regeln der Macht, sondern eher im Geist von Liebe und Versöhnung aufgewachsen sind, dann kann diese Kette der Machtübergabe eines Tages reißen und die Kraft der 'Ndrangheta entscheidend geschwächt werden. Die Kinder müssen lernen, nicht mehr mitzum achen. Und das können nur die Mütter erreichen.