 Jacob Kaplan (Héctor Noguera) ist 70 Jahre alt, lebt in Montevideo und hat noch immer keine Heldentat vollbracht. Wenig unterscheidet ihn von seinen alten Freunden in der jüdischen Gemeinde, die einen sonnenverwöhnten, aber schrecklich gewöhnlichen Lebensabend verbringen. Doch in Jacob grummelt der Ärger darüber, dass er sein Leben einfach so verstreichen ließ, ohne dass die Welt durch ihn eine bessere wurde. Hinzu kommt die leidige Sehschwäche, die Jacob unerbittlich daran erinnert, dass die Uhr tickt. Aber als in der Gemeinde das Gerücht kursiert, ein deutscher Nazi halte sich seit Jahren an der Küste Uruguays versteckt, klopft die Gelegenheit an. Jacob |
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verpflichtet den chaotischen und chronisch abgebrannten Ex-Polizisten Wilson, mit ihm auf Nazijagd zu gehen. Gemeinsam entdecken sie vielsagende Spuren, die der Deutsche (Rolf Becker) über die Jahre beinahe erfolgreich verwischt hat, um ihn am Ende, so hofft Jacob Kaplan, den israelischen Behörden zu übergeben. Doch die internationale Operation, die die beiden anzetteln, ist gefährlicher als sie denken. Denn gerade als ihr ausgeklügelter Entführungsplan zwischen Tiefkühlfisch und Sinnsuche so richtig Fahrt aufnimmt, kommt der Deutsche ihnen auf die Schliche. |
Mein Großvater Jaime Brechner wurde am 6. Januar 1912 in Polen geboren. Im Jahr 1938 verließ er seine Heimat und musste seine Familie zurücklassen. Er flüchtete nach Südamerika, ein Ort, an dem alles fremd war und er von ganz vorne beginnen musste. Fast ein Jahrhundert später, als ich meinen ersten Spielfilm in Warschau präsentierte, nutzte ich die Gelegenheit nach Sosnowiec zu fahren, den Heimatort meines Großvaters. Diese Erfahrung bewegte mich sehr, auch wenn nichts von dem, was ich in Sosnowiec vorfand, erkennbar bedeutsam für meine persönliche Identität und meine Kultur war. Als ich mich wieder auf dem Heimweg befand, war ich doch ziemlich schockiert von dieser Erkenntnis. Für jemanden wie mich, der immer an dem Thema interessiert ist, wie wir uns eine Identität erschaffen, auch um zu überleben, war dies eine unerwartete Erfahrung. Darüber hatte ich zuvor noch nie nachgedacht. Tatsache ist doch, dass wir eines Tages sterben werden und dass nach einigen NOTIZEN VON REGISSEUR ÁLVARO BRECHNER Jahrzehnten in der Welt nur noch wenig von uns übrig bleiben wird, egal was wir im Leben gemacht haben. Wir kommen auf die Welt, machen ein paar Bilder und dann sterben wir. Aber wer wird sich danach noch an uns erinnern? Was für einen Unterschied werden wir gemacht haben? Wird unser Leben in irgendeiner Weise „besonders“ gewesen sein?
Eine der größten Herausforderungen bei SEÑOR KAPLAN war die Tonalität. Für mich ist das Leben eine Mischung aus Komödie und Drama, eben die zwei Seiten der Medaille. Sogar in den traurigsten Momenten im Leben gibt uns Humor die Kraft durchzuhalten und das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Vielleicht fühle ich mich deshalb immer angezogen von Charakteren, die eine Mentalität à la „Quijote“ an den Tag legen, deren Verlangen nach epischen Abenteuern den absurdesten Umständen der Realität entgegenstehen. Menschen, die ihre schöpferische Einbildungskraft als Mittel zum Überleben nutzen, um der öden alltäglichen Existenz zu entfliehen, rächen sich auf diese Art und Weise am Tod und am Vergessen. SEÑOR KAPLAN untersucht die Rolle der Älteren und den Verlust der eigenen Identität, der der Fortführung von Traditionen, der Bewahrung der eigenen Würde, der Chance, etwas von sich zu hinterlassen und der Verwirklichung der eigenen wildesten Träume gegenüber steht. Álvaro Brechner |