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Mit neun Filmklassikern von Okamoto Kichachi
aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren widmet das Forum erneut einem japanischen
Altmeister ein eigenes Programm. Okamoto (1924-2005), einer der Wegbereiter
des neuen japanischen Kinos, blieb international weit gehend unbekannt. Neben
seinen herausragenden Samurai- und Gangsterfilmen drehte er vor allem moderne
Kriegsfilme. Wie viele andere seiner Generation durch die Erfahrungen des Zweiten
Weltkriegs nachhaltig geprägt, zieht sich die Auseinandersetzung mit Gewalt
und Konflikten durch große Teile seines filmischen Schaffens.
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Die stilistische Bandbreite Okamotos reicht dabei von monumentalen
Auftragswerken bis hin zu eigenwilligen Low-Budget-Produktionen, von ernsthaften
Historiendramen über rasante Action bis hin zu Komödien mit Musicalanklängen. Als großer John Ford-Fan baute Okamoto zudem Westernelemente in nahezu
alle seine Filme ein. Die oftmals humorvollen Geschichten, die atemberaubende
Kameraarbeit sowie die schnelle und rhythmische Montage genießen bis heute
Kultstatus als so genannter „Kihachi Touch“.
Nach Kriegsende arbeitete Okamoto zunächst als Regieassistent innerhalb
der Toho-Studios, bevor er ab 1958 eigene Filme in diesem Rahmen verwirklichen
konnte. Später realisierte er auch unabhängige Produktionen und
gründete 1974 seine eigene Produktionsfirma „Kihachi Productions“.
Sein gesamtes Werk umfasst 39 Filme. Das Forum zeigt eine Auswahl von neun
Filmen aus der frühen und mittleren Schaffensperiode Okamotos, die im
Rahmen einer Retrospektive des Tokyo-Filmex-Festival 2006 zu sehen waren.
Okamotos Ehefrau Minako, die einige seiner Filme produzierte, wird die Reihe
gemeinsam mit Mitarbeitern des Regisseurs in Berlin präsentieren.
In der Actiongroteske Desperado Outpost (Dokuritsu gurentai, 1959) verlegt
Okamoto einen Westernplot an die Kriegsfront der Mandschurei im Zweiten
Weltkrieg, um die Funktionsweise von Kriegen zu entlarven. The Last Gunfight
(Ankokugai taiketsu, 1960) erzählt unterhaltsam die Geschichte eines
Detektivs, der zwischen die Fronten zweier mächtiger Gangster-Clans
gerät. Procurer of Hell (Jigoku no utage, 1961) ist ein stilvoller „Film
noir“, in dem ein eleganter Kleinganove und eine Femme fatale glänzen.
The Elegant Life of Mr. Everyman (Eburiman shi no yuga na seikatsu, 1963)
porträtiert das Alltagsleben eines einfachen Büroangestellten,
der sein Leben zu einem Roman umschreibt. Gewagte Schnitte und animierte
Passagen machen diese Komödie zu einem Meisterwerk des „Kihachi
Touch“.
Mit Sword of Doom (Daibosatsu toge, 1965) gelang Okamoto eine formvollendete
Neuverfilmung des gleichnamigen Romans über einen kaltblütig
tötenden, herrenlosen Samurai, den schließlich doch die Geister
seiner Vergangenheit einholen. Mit seinen großartigen Kampfszenen
ein Muss für alle Fans von Samuraifilmen.
Das monumentale historische Drama The Emperor and a General (Nihon no
ichiban nagai hi, 1967) rekonstruiert die Ereignisse des „längsten
Tags von Japan“, des 15. August 1945, an dessen Ende der Kaiser die
Kapitulation bekannt gab. Regierungsinterne Loyalitätskonflikte und
ein versuchter Staatsstreich gehen der Radioansprache voraus. Ebenfalls
ein Antikriegsfilm, jedoch gänzlich anders als die teure Toho-Auftragsproduktion,
entstand nur ein Jahr später der satirisch-poetische Low-Budget-Film
Human Bullet (Nikudan, 1968): Ein junger Soldat wird in Kamikaze-Mission
als „menschliches Geschoss“ gegen ein US-Schiff eingesetzt
und reflektiert währenddessen seine kurze Jugend.
Kill (Kiru, 1968), ein amüsantes Schwertkampfdrama, schildert die
Begegnung und Allianz eines gescheiterten Samurais und eines jungen ambitionierten
Bauern und ist dabei eine kritische Reflexion über den Samuraikodex
und die Gesellschaftsordnung. Der Kostümfilm Red Lion (Akage, 1969)
erzählt von den revolutionären Ambitionen des tragikomischen
Protagonisten – gespielt vom glänzenden Toshiro Mifune, der
in insgesamt acht von Okamotos Filmen zu sehen ist.
Das Programm wird unterstützt durch das National Film Center Tokyo,
das neue, englisch untertitelte Kopien beisteuert, die Japan Foundation,
Tokyo Filmex und die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und
Fernsehen in Berlin.
Die Reihe wird im Anschluss an die Berlinale im Kino Arsenal wiederholt.