Berlin,
 
Zeit der trunkenen Pferde
O-Titel: Zamani baraye masti asbha
Verleih:
Land/Jahr:Iran 2000
Regie: Bahman Ghobadi
Darsteller: Rojin Younessi (Rojin), Mehdi Ekhtiar-Dini (Mehdi),
Ayub Ahmadi (Ayub), Ameneh Ekhtiar-Dini (Ameneh),
Kolsum Ekhtiar-Dini (Kolsum), Karim Ekhtiar-Dini (Karim),
Rahman Salehi (Rahman), Nezhad Ekhtiar-Din
Drehbuch: Bahman Ghobadi
Kamera: Saed Nikzat Schnitt: Samad Tavazoie
Länge: 79 Min. .
Kinostart: 25. Oktober 2001
Sprache: Farsi mit deutschen Untertiteln

Inhalt

Es ist Winter, in den Bergen liegt Schnee. Im iranischen Kurdistan, nahe der Grenze zum Irak, leben fünf Geschwister in bitterer Armut. Sie wollen etwas lernen, aber man läßt sie nicht, die Mutter starb im Kindbett, und eben mußten sie erfahren, daß ihr Vater beim Schmuggeln durch eine Mine aus dem Krieg umkam. Jetzt müssen sie sich ganz allein durchschlagen - der Onkel hat selber zehn Kinder.

Madi, der kleinwüchsige älteste Bruder, leidet an einer schweren Krankheit. Seine Medikamente sind teuer, und der Arzt sagt, dass er bald operiert werden muss, sonst muß er sterben. Aber die verwaisten Kinder bringen das Geld trotz aller Anstrengungen Ayubs und Amenehs nicht auf.

Also willigt die älteste Schwester Rojin in die Heirat mit einem Iraker ein, der für die Operation im Irak aufkommen will. Die junge Braut, geschmückt zu Pferd, hat ihren kranken Bruder dabei, sie ist bereit, die Heimat für ihn aufzugeben. Doch beim Treffpunkt an der Grenze weist die Familie des Bräutigams den Kleinen erbarmungslos zurück. Zum Ausgleich schenkt sie den Geschwistern ein Maultier.

Nun ist die Reihe wieder an Ayub, dem zwölfjährigen Familienoberhaupt. Er gibt die Hoffnung nicht auf und kehrt nunmehr mit eigenem Maultier zu der Bande zurück, die Traktor-Reifen durch die tiefverschneiten Berge über die verminte Grenze in den Irak schmuggelt. Es ist die "Zeit der trunkenen Pferde": Man schüttet den Tieren Whiskey ins Wasser, damit sie sich trotz klirrender Kälte und gewaltiger Lasten auf den Weg machen. Doch der ist voller Gefahren, und die Zeit drängt. Wird Ayub es schaffen?



PRESSESTIMMEN

"ZEIT DER TRUNKENEN PFERDE ist so stark wie jeder Kiarostami-Film. Des Films reine und klare Photographie der verschneiten Berge und der alltäglichen Objekte, die Farben und Ansichten der Dörfer lassen alles so erscheinen, wie es ist - was eine grandiose Sache ist."
Screen International
"Dieses physische Leiden wird nur jene abschrecken, die der Scheisse auf unserem Planeten nicht ins Gesicht schauen wollen und deshalb auch nicht sehen, dass dieses missgestaltete Kind die schönsten Augen der Welt hat. Das ist das grossartige Genre dieses aufwühlenden Films, der uns eine neue Definition des engagierten Films eröffnet."
Libération
"Ein Melodrama ohne Schickschnack. Herb und schön dank seiner Einfachheit."
Le Monde / Aden



Auszeichnungen und Festivals

CAMÉRA D'OR CANNES 2000
QUINZAINE DES RÉALISATEURS
PRIX FIPRESCI & PRIX C.I.C.A.E.
SPECIAL JURY PRICE CHICAGO INTERNATIONAL FILM FESTIVAL
SPECIAL JURY AWARD GIJON INTERNATIONAL FILM FESTIVAL
OFFIZIELLE IRANISCHE OSCAR-NOMINATION 2001
NOMINATION INDEPENDENT SPIRIT AWARD 2001
KINDERFILMFESTIVAL DER BERLINALE 2001

Über Kurdistan und das kurdische Volk

Die Kurden sind ein Volk ohne Land, mit über 20 Millionen Menschen sicher die grösste Nation ohne Staat auf der Welt. Die Historiker sind sich im allgemeinen einig, dass sie dem iranischen Ast der grossen Familie der indogermanischen Völker angehören und in einer Region leben, die in der Antike unter den Namen Medien und Hoch-Mesopotamien bekannt war. Die kurdischen Nationalisten betrachten das Jahr 612 v. Chr., in dem die Meder das mächtige Assyrien eroberten, als den Beginn der kurdischen Ära. Für sie schreiben wir heute das Jahr 2612. Nachdem es verschiedene Bezeichnungen gekannt hat, ist dieses Land seit 1150 unter dem Namen Kurdistan bekannt. Es hat eine Fläche von rund 500'000 km2 und ist seit 1923 auf die Türkei, den Iran, den Irak und Syrien aufgeteilt.
Seit Juni 1991 leben 3,5 bis 5 Millionen Kurden aus dem Irak autonom auf einem Gebiet in der Grösse der Schweiz, wo sie der Kontrolle durch das Regime von Saddam Hussein entzogen sind. Nachdem über 4'500 kurdische Dörfer und rund zwanzig Städte dem Erdboden gleich gemacht, 1,5 Millionen kurdische Bauern in Lager interniert und 400'000 getötet worden waren, konnten die irakischen Kurden bis heute 70% ihrer zerstörten Dörfer und Städte wieder aufbauen. Sie besitzen ein Parlament, drei Universitäten, Schulen, Fernseher und eine Presse mit über 120 Titeln in kurdischer Sprache.
Das kurdische Volk ist zum Opfer seiner Geographie, der Geschichte und zweifellos auch der mangelnden Weitsicht seiner eigenen Führer geworden und lebt heute zerstreut in mehreren Ländern. Doch es kämpft weiter für sein Überleben, den Fortbestand seiner Sprache und seiner Kultur.
Rusen Werdi, Institut kurde, Paris



Links zum Film

http://film.sgfilmseries.com/drunken.html
http://www.koolfilm.de/pferde/pferde.php4
"Über das bloße Überleben hinaus." Von Barbara Schweizerhof
"Madi lebt hier nicht mehr." Von Kira Taszman Tagesspiegel
"Interview mit Bahman Ghobadi. Von Gabrielle Schultz Die Welt
"Leben ohne Kindheit." Von Marion Meier Stuttgarter Nachrichten
"Über die Dörfer." Von Thomas Winkler TAZ