Berlin,
 
Dieser Film ist vollständig mit britischer Schauspielelite besetzt. 25 miteinander verwobene Handlungsstränge zeigen ein Porträt des britischen Klassensystems zwischen den beiden Weltkriegen des letzten Jahrhunderts. Robert Altmans neuer Ensemblefilm ist ein bissiges Gesellschaftsstück mit theaterhaften Zügen... MMM
United International Pictures:
GOSFORD PARK
Großbritannien/USA/Deutschland 2001
Regie: Robert Altman
Drehbuch: Julian Fellowes
Kamera: Andrew Dunn
Schnitt: Tim Squyres
Musik: Patrick Doyle
Kostüm: Jenny Beavan
Darsteller: Michael Gambon, Kristin Scott Thomas, Camilla Rutherford
Kinostart: 13. Juni 2002 137 Min. FSK: ab 12 Jahre
http://www.gosfordparkmovie.com/start.html

INHALT


November 1932. Sir William McCordle und seine Frau, Lady Sylvia, haben zur Jagd geladen. Die illustren Gäste, die sich an diesem Wochenende auf dem herrlichen Landsitz Gosford Park versammeln, reisen mitsamt ihrer Dienerschaft an.

Außer Sylvias Tante, der bereits erwähnten Gräfin von Trentham und weiteren höchst angesehenen Lordschaften, sind auch der berühmte britische Stummfilm-Star Ivor Novello (JEREMY NORTHAM) sowie der amerikanischer Filmproduzent Morris Weissman (BOB BALABAN) mit von der Partie.
Wie die anderen Bediensteten der noblen Gäste, versuchen auch Henry Denton (Ryan Phillipe) und Mary sich im Gewimmel von Butlern, Kammerdienern, Köchinnen und Dienstmädchen in den zahlreichen Gesinderäumen und Fluren zurecht zu finden. Die feine Gesellschaft in der Belle Etage pflegt den kultivierten Müßiggang streng ritualisiert und nach festgefügten Mustern. Von diesem Leben hören die Bediensteten mehr, als dass sie etwas davon zu sehen bekommen.
Auf Gosford Park scheint die strikte gesellschaftliche Hierarchie auch 1932 noch völlig intakt: Loyalität, Diskretion und eine betont devote Haltung sind Erwartungen, die nicht nur die Herrschaften an die Bediensteten stellen, die Bediensteten stellen diese Forderungen auch gegenüber sich selbst. Dennoch: bei den Mahlzeiten im Souterrain breiten jedoch alle, auch der Butler Jennings (ALAN BATES), die Hausdame Mrs. Wilson (HELEN MIRREN), die Köchin Mrs. Croft (EILEEN ATKINS), der Lakai George (RICHARD E. GRANT) und das erste Hausmädchen Elsie (Emily Watson) genüsslich den jeweils neuesten Tratsch über das Treiben, das Leiden und die Intrigen der Herrschaften aus.
Mary findet in Elsie eine Vertraute, die ihr einen weiteren Einblick in die ganz und gar eigenen Gesetze von Gosford Park gewährt. Als um Mitternacht ein Mord das Haus erschüttert, ist klar, dass in diesem sonderbaren Kosmos nichts so ist, wie es scheint - weder oben in den luxuriösen Salons, noch unten in den Waschküchen und Werkstätten! Der ermittelnde Inspektor Thompson (STEPHEN FRY) steht vor einer Wand des Schweigens. Ein Geheimnis scheint beide Welten unsichtbar miteinander zu verbinden ...


November 1932. Sir William McCordle and his wife, Lady Sylvia, are about to host a hunting weekend.Their illustrious guests gather at their magnificent country seat - replete with their entourage of servants.The house guests - including a highly decorated war veteran, a Countess, a film star and Hollywood producer - sit down to a lavish lunch while their maids and butlers join the other house servants bustling about the corridors and kitchen area. However, in no time at all there is seething unrest among the guests and as tensions mount, we see and hear the unfolding events through the eyes and ears of the servants.Suddenly, Sir William, who leaves the others to their own devices in order to inspect his gun collection, is discovered dead - murdered . . . Inspector Thompson soon learns that every single person present had good reason to wish Sir William dead. No less than twenty-five different interwoven narratives unfold, providing a vibrant portrait of the British class system in its heyday between the First and Second World Wars of the last century.

Produktionsnotizen


Um einen größtmöglichen Realismus zu gewährleisten, entschied sich Altman sehr früh, GOSFORD PARK in England und vor allem mit englischen Schauspielern zu drehen.
Altman ist des Lobes voll für all seine DarstellerInnen: "Vermutlich sind es ihre Bühnenerfahrungen, weshalb die englischen Schauspieler so gut sind. Ich glaube auch, dass die Schauspieler sich in England grundsätzlich immer als Teil eines Ensembles verstehen und einbringen."
Robert Altman: "Ich habe bisher in fast jedem Genre gearbeitet, doch noch keinen Murder-Mystery-Film gedreht. Ich nutze gerne diese traditionellen Formen, um sie aber in ihrem Verlauf gegen den Strich zu bürsten und einen neuen Blick auf sie zu werfen. Wir diskutierten die unterschiedlichsten Ideen und Materialien, auch die Romane von Agatha Christie, aber nichts entsprach wirklich unseren Vorstellungen.
Erst langsam bekam der Film Gestalt, denn ich wollte keinen schlichten Wer-war-der- Mörder-Film drehen, mir ging es eher um ein Und-so-geschah-es. Man muss dafür ,nur' die dramaturgischen Hits anders verteilen. Wir hatten uns eine sehr verkrustete Gesellschaft ausgesucht, aber gerade das ist ja so spannend, denn wenn dort etwas aufreißt, gehen die Risse sehr tief - und dort hinein zu leuchten ist sehr aufschlussreich.
Wir wollten also von den gesellschaftlichen Verhältnissen jener Periode erzählen, die tatsächlich die Blütezeit dieser Mystery-Stories war. Zuerst spielte die Geschichte 1934 oder 1935, aber damit hätte Hitlers politischer Aufstieg die Stimmung beherrscht, und das hätte in diesem Fall von unserem eigentlichen Thema abgelenkt. Deswegen spielt die Geschichte jetzt etwas früher, 1932."



Die Ausstattung


Die meisten Szenen in den herrschaftlichen Räumen wurden in einem Landsitz etwas nördlich von London gedreht. (Einige Einstellungen, vor allem die Szenen in den Schlafzimmern, wurden in Syon House, Middlesex gedreht). Stephen Altman, der für das Production Design von GOSFORD PARK zuständig war, wechselte manchmal nur einige Möbel oder Teppiche aus, damit die Räume den dreißiger Jahren entsprachen, aber meistens entsprach die Einrichtung bereits seinen Vorstellungen.
Die Hauswirtschaftsräume wurden in den berühmten Shepperton Studios gebaut. Stephen Altman: "Wir entschlossen uns dazu, diesen Teil des Hauses im Studio nachzubauen, weil wir keine originalen Räume mehr fanden, die noch erhalten und zugleich für Filmaufnahmen geeignet waren. Die Studiobauten sind dabei ein Destillat all der Wirtschaftsräume, die wir - in Bildbänden oder in Wirklichkeit - gesehen hatten.
Wegen der gründlichen Recherchen entstand in den nachgebauten Studiobauten gleichsam die Idealversion von Wirtschaftsräumen. Stephan Altman und seine Mitarbeiter wollten einen eigenen Raum, in dem nur die Kleider ausgebürstet und die Schuhe geputzt wurden; einen kleineren Raum, in dem Liköre reiften, Marmelade gekocht oder Frühstückstabletts zusammengestellt wurden.




Die Dreharbeiten


Der größte Teil der Filmcrew arbeitete bei diesem Projekt erstmals mit Altman zusammen und fand sich plötzlich mit einer für sie vollkommen neuen Art des Filmemachens konfrontiert, die sie zugleich überrumpelte wie anregte. Kristin Scott Thomas (sie spielt Lady Sylvia McCordle, die junge Frau von Sir William) beschreibt diese Erfahrung:
"Altmans Arbeitsstil war ganz anders als bei vielen anderen Filmen, bei denen man sich vorbereitet und genau weiß, was man wann tun soll. Wir haben vorher nie geprobt, sondern kamen einfach an den Drehort. Robert verglich das damit, dass er Perlen auf den Parkettboden werfen würde - wir müssten dann beim Suchen selbst sehen, wer mit wem zusammen stoßen würde und was sich daraus ergäbe. Das war sehr anregend, weil man dabei Risiken eingehen und Dinge ausprobieren musste, ohne vorher zu wissen, ob sie wirklich gelingen. Robert hat mit der Wahl der Schauspieler, seinem Drehbuch und der Regiearbeit selbst eine Arbeitsatmosphäre geschaffen, in der sich fast Familiengefühle zwischen den drei Schwestern (gespielt von Kristin Scott Thomas, Geraldine Somerville, und Natasha Wightman) und ihren Ehemännern (Sir Michael Gambon, Charles Dance und Thomas Hollander) entwickelten."

In GOSFORD PARK ließ Robert Altman die meisten Szenen immer von zwei Kameras gleichzeitig aufnehmen ließ. So wurden Licht und Kadrage von dem amerikanischen Kameramann Andrew Dunn immer für zwei unterschiedliche Blickwinkel eingerichtet, was zum einen deutlich längere Aufbauzeiten erforderte, dafür aber auch einige Umbauten ersparte und längere Takes und somit authentischeres Spiel ermöglichte.

Kostüm (JENNY BEAVAN)


Jenny Beavan studierte Theater-Design an der Londoner Central School of Arts and Design. Seit ihrem Examen (1971) entwirft und fertigt sie Designs für die Royal Shakespeare Company, die Welsh National Opera Productions und das Nederlands Dans Theatre. Darüber hinaus ist sie seit zwanzig Jahren eine der engsten Mitarbeiterinnen von Ismail Merchant und James Ivory. Neben vielen anderen Auszeichnungen, darunter drei Oscar-Nominierungen, brachte ihr die Zusammenarbeit mit diesem Team 1986 auch den Gewinn eines Oscar ein - für EIN ZIMMER MIT AUSSICHT (A ROOM WITH A VIEW).

Jenny Beavan, die die Kleider entwarf, sagt: "Wir haben jedes Detail der Garderobe diskutiert, bis hin zur Unterwäsche der Dienstmädchen. Robert Altman sind diese Details sehr wichtig: er wollte alles möglichst genau haben, ohne dass es dabei überdreht oder falsch wirkte. Deshalb hatte ich mich gut vorbereitet und mir originale Kleider der dreißiger Jahre angesehen, die wir dann kopierten. Während wir für die Kleider der Herrschaften viele Vorlagen fanden, war das bei den Dienerschaft schwerer.
Sie wurden, wie man sich vorstellen kann, damals selten fotografiert. Aber zum Glück gibt es einige ausführliche Erinnerungen oder Tagebücher, vor allem von Nancy Astors Hausmädchen Rosina Harrison und auch von Lady Troubridge."


Robert Altman Regie


Robert Altman
wurde 1925 in Kansas City, Missouri geboren. Nach dem Schulbesuch studiert er von 1941 bis 1945 an der Militärakademie Wentworth in Lexington, meldet sich freiwillig zum Einsatz als Co-Pilot eines B-24-Bombers auf den Antillen. 1946 läßt sich Altman in Kalifornien nieder. Hier tritt er in Danny Kayes Film The Secret Life of Walter Mitty auf und schreibt zusammen mit George W. George das Drehbuch zu dem Polizeifilm Bodyguard.
M*A*S*H, eine schwarzen Komödie mit Elliott Gould und Donald Sutherland als Chirurgen einer Sanitäts-Einheit im Korea-Krieg, 1970 bekommt in Cannes die Goldene Palme und wird international bei Publikum und Kritik ein großer Erfolg. 23 Jahre später wird die 189 Minuten lange Raymond Carver-Adaption Short Cuts in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.

LINKS

Interview with Robert Altman by Geoff Andrew at the National Film Theatre on Wednesday 26th January 2001.
Robert Altman Hollywood's ultimate outsider is at long last the Big Daddy of American cinema By Stephen Lemons Aug. 15, 2000
Andrew Collins(BBC Radio) talks to Robert Altman, David Lynch, Ron Howard and Ridley Scott about their careers