Berlin,
 

Die große Depression

Eine Komödie zur Lage der Nation
Eine Dokumentation von Konstantin Faigle


Man möchte meinen, der Mann hat ein gutes Timing. Der Film zur Bundestagswahl. Da alle immer von dem Phänomen des Stimmungswählers reden und schreiben, was liegt da näher als sich um seine eigenen Befindlichkeiten zu kümmern - in sich zu gehen um dann, quasi in einer höheren Ebene zu sich gekommen, zur Wahl zu gehen. Vielleicht hilft dieser Film dabei, auf alle Fälle hellt er das deutsche Gemüt etwas auf.   MMM

 Der Inhalt

   Sind wir Deutsche depressive Jammerlappen oder sind wir einfach nicht ganz dicht?! Der Filmemacher Konstantin Faigle konnte irgendwann einmal den ganzen „Scheißdreck“ in Deutschland nicht mehr hören: das ständige Gejammere, der Pessimismus und die Depression. Und da er dieses Land und seine Sprache liebt und vor allen Dingen Vater wird, hat er beschlossen, mit einem Film der Sache auf den Grund zu gehen: Warum sind die Deutschen so, wie sie sind? Warum haben wir hier diese immense Lust am Jammern und an der Schwarzmalerei? Und warum sehen wir das Glas immer halb leer? Konstantin Faigle will einfach nicht, dass sein Kind in ein „kollektiv depressiv verstimmtes Land” mit einem depressiv verstimmten Vater hineingeboren wird. Selbst ein chronischer Hypochonder und laut Diagnose seines Arztes depressiv verstimmt, begibt sich der Filmemacher auf eine ethnologische, historische, soziologische und naturwissenschaftliche Reise kreuz und quer durch seine Heimat. Auf dem Weg trifft er prominente Antidepressiva wie Vater Faigle, Pater Anselm Grün, Ludwig II, Alice Schwarzer und Walter Jens.




 Mit dem Kleinbus durch Deutschland


   Für den Dreh reisten Faigle und sein Team tatsächlich mit jenem Kleinbus durch Deutschland, der auch im Film zu sehen ist. Mit von der Partie waren der Kameramann, der Tontechniker, der Fahrer – der gleichzeitig auch als Fotograf und als Ludwig II-Double tätig war – sowie ein guter Freund Faigles, der die Funktion des Regieassistenten übernahm, bei der Recherche half und auch das Barbarossa-Lied für den Film komponierte. Eine bestens eingespielte Truppe, wie Faigle bestätigt: „Jeder hat seine Aufgabe gehabt und das war auch sehr sinnvoll, denn der Drehplan war ganz schön straff – und so eine Kamera ist ganz schön teuer zu mieten.“

   Parallel dazu gab es einen Aufnahmeleiter, der dem Team in der Regel zwei Tage voraus fuhr und sich um Locations, Drehgenehmigungen, Unterkunft und Komparsen kümmerte und auch in aller letzter Sekunde noch das schöne Ballett für Kaiser Barbarossa organisierte. Kreyenberg ist immer noch beeindruckt, wie reibungslos der Dreh trotz des organisatorischen Aufwands abgelaufen ist. Die Reiseroute ergab sich nach Faigles Drehbuch und auf Grund der ausgewählten Interviewpartner letztlich wie von selbst. Zwar musste man sich mit den Terminen gelegentlich nach den Experten richten, wie der Regisseur bestätigt, aber „ alles hat dann doch irgendwie chronologisch geklappt, so dass wir überhaupt keine Schlenker fahren mussten. Das war wirklich Glück in Kombination mit einer guten Produktionsleitung. Und es gab trotzdem genug spannende Spontaninterviews während der Fahrt, z.B. mit dem ‚Jesus von Bebra’. Und der konnte mehr erzählen als so mancher Intellektuelle.




  Das Schneiden ging eigentlich zunächst recht flott

   Aus soviel Rohmaterial schließlich den fertigen Film zu schneiden, fiel Faigle letztlich leichter als erwartet: „Das Schneiden ging eigentlich zunächst recht flott, da wir uns an mein Doku-Drehbuch gehalten haben und dann die Sache umstellten, sobald etwas nicht funktioniert hat. Schwierig wurde es dann nur kurz im Endstadium, beim Kürzen und Schrauben an der Dramaturgie.“ Aber die Möglichkeit, nicht verwendete Szenen – etwa einen Besuch beim Versicherungsvertreter zwecks einer Rentenvorsorge – vielleicht später einmal auf DVD zu veröffentlichen, hat er natürlich längst ins Auge gefasst.


  INTERVIEW MIT DEM REGISSEUR

Was hat Sie auf die Idee zu „Die große Depression“ gebracht? Gab es einen bestimmten Anlass, das Thema aufzugreifen?

Eigentlich waren es verschiedene Komponenten. Wir haben ja 2004 gedreht, und in dem Jahr wurde man mit Hiobsbotschaften über Deutschland ja geradezu überschüttet. ‚Es geht mit Deutschland endgültig den Bach runter!’ ‚Früher war alles besser, und es wird nie wieder so gut wie es mal war!’usw. So etwas hörte man ständig, daher lag das Thema natürlich in der Luft. Und als dann noch unsere Fußballmannschaft die EM verpatzt hat, war die Weltuntergangsstimmung in Deutschland perfekt. Außerdem bin ich selbst ein Jammerer, da nehme ich mich gar nicht aus. Auch ich neige zum Schwarzsehen, beispielsweise beim Arzt oder wenn es um Allergien geht. Und auch im Freundeskreis konnte ich die schlechte Stimmung permanent beobachten. ZB auf Parties mit der Frage ‚Wie geht’s dir?’“Gut, aber...“ fängt das an und schon gerät man ganz schnell in eine Spirale des Jammerns. Das entscheidende Kriterium war letztlich aber, dass ich Vater werden sollte und mir gesagt habe, dass mein Kind nicht in ein depressiv verstimmtes Jammertal hineingeboren werden soll – noch dazu mit einem ebenso jämmerlichen Vater. Als dann auch noch Friedrich Merz im Fernsehen sagte, jedes Kind in Deutschland käme bereits mit 16500 Euro Schulden auf die Welt, war das für mich der Punkt an dem ich dachte, jetzt geht’s aber los! Und ich ging dann auch los, um dem Phänomen mit unserer Depression auf den grund zu gehen.

Mindestens genauso wichtig wie die Gesprächspartner ist der Humor im Film. War „Die große Depression“ von Anfang an als Komödie geplant?

Ja, ich glaube, wie gesagt, dass man dem Thema ohne Humor nicht beikommen kann. Ich wollte mich nicht einreihen in die gewohnte Selbstgeißelung oder Polemik, die hier sonst vorherrscht, sondern mal eine andere Art der Herangehensweise zeigen. Natürlich kann ich keine Generallösung präsentieren und vielleicht erzähle ich einigen noch nicht einmal etwas Neues. Aber die Sicht auf das Problem muss eine andere sein und wenn jemand – noch bei dem Thema - dann gutgelaunt aus dem Kino kommt und dann noch vielleicht ein wenig über sich nachdenkt, dann habe ich mein Ziel erreicht.


  Wo leben die glücklichsten, wo die unglücklichsten Deutschen?

(Die Studie wurde im Auftrag von McKinsey, ZDF, AOL und der Zeitschrift Stern erhoben und veröffentlicht.)

Die glücklichsten Regionen Deutschlands 2004

  1. Starnberg
  2. Südlicher Oberrhein
  3. Freising
  4. Osnabrück
  5. Südostoberbayern
  6. Stuttgart Umland
  7. Bayerischer Untermain
  8. Bonn
  9. Oberland (Bayern)
  10. Regensburg
  11. Dachau
  12. Stuttgart
  13. Würzburg
  14. Bodensee Oberschwaben
  15. Mittlerer Oberrhein
  16. München
  17. Oldenburg
  18. Neckar-Alb
  19. Münsterland
  20. Hochrhein-Bodensee
   Große Depression, Die
 
Land/Jahr: D 2005
Regie: Konstantin Faigle (Out of Edeka 2002)
Darsteller: Dokumentation 
Drehbuch: Konstantin Faigle
Kostüm: Marpa Schneider
Kamera: Hajo Schomerus
Schnitt: Dora Vajda
Szenenbild: Irina Kurtishvili
Mitwirkende: Alice Schwarzer, Prof. Walter Jens,Prof. Dr. Florian Holsboer, Pater Anselm Grün, Hans und Josefine Faigle, Vera F. Birkenbihl, Prof. Dr. Ortwin Renn, Prof. Günter Jerouschek, die „Bild“
eine Produktion der unafilm
in Koproduktion mit dem ZDF/Das Kleine Fernsehspiel
gefördert mit Mitteln der Filmstiftung NRW
"Kopf hoch, Deutschland" TAZ  11.08.05  VON SVEN VON REDEN
 
 
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