Berlin,
 
Interview mit Caroline Link

Stefanie Zweig erzählt in ihrem Roman ihre Kindheitsgeschichte aus ihrer Perspektive, also der des Kindes. Auf welchen Aspekt haben Sie sich im Film konzentriert?
In meiner Version der Geschichte konzentriere ich mich sehr auf die Beziehung der Eltern, deren Liebe zueinander. Sie gerät unter schwierigen Bedingungen ins Wanken und muss erst wieder neu gefunden werden. Stefanie Zweig erzählt den Roman eher aus der Perspektive des Kindes, beschreibt ihre Erfahrungen, Erinnerungen an die eigene Kindheit. Für mich ist die reizvollste Figur aber Reginas Mutter Jettel. Ihre Entwicklung zu einer selbständigen und erwachsenen Frau, die nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Beziehung zu ihrer Familie, ihre eigenen Prioritäten überdenken muss.
Weshalb fiel Ihre Wahl schnell auf Juliane Köhler und Merab Ninidze als Hauptdarsteller?
Juliane hat eine große Vielseitigkeit. Bei den Probeaufnahmen hat mich sowohl die Darstellung der kapriziösen Tochter aus gutem Haus, als auch die Wandlung zu einer erwachsenen, ernsthaften Figur sehr überzeugt. Mit Juliane wirkt Jettel zunächst denkbar deplaziert in der afrikanischen Savanne und schafft es im Verlauf der Geschichte, sich das Land zu eigen zu machen. Für die Rolle des Walter war ich auf der Suche nach einem Mann, der neben dieser aufgeregten Frauenfigur besteht und auf wesentlich leisere und nachdenklichere Weise seine Souveränität und Kraft behält. Merab strahlt für mich eben diese Souveränität und Intelligenz aus, ohne dabei langweilig und vor allem humorlos zu erscheinen.



Sie haben trotz schlechterer Infrastruktur bewusst in Kenia und nicht in Südafrika gedreht. Weshalb?
Ich war mir mit Peter Herrmann immer einig, dass in unserem Film die afrikanischen Darsteller und Statisten wirklich aus den Gebieten kommen sollten, in denen unsere Geschichte spielt. Ich finde nicht, dass man einfach so Zulus als Masaii verkleiden kann oder umgekehrt. Für mich müssen solche Dinge stimmen, denn die Menschen erzählen ja viel über ihr Land und geben dem Film eine spezielle Atmosphäre und Heimat. Das ist nicht einfach austauschbar. Auch schwierige Drehbedingungen sind kein Argument dafür, auf diese Wahrhaftigkeit zu verzichten.
Was hat Sie an Kenia am meisten beeindruckt?
Vor allem die Landschaft! Ihre Weite, die Vielseitigkeit der Natur! Für die Motivsuche waren wir fast nur nördlich von Nairobi unterwegs, nicht in Touristengebieten. Die Landschaft variiert stark, von üppig grünen Kaffee- und Teeplantagen und Wäldern über trockene Savannen, bis hin zu weiten Hügellandschaften, Seengebieten und dem gigantischen Rift-Valley. Dazwischen unglaublich hässliche Städte, verfallene Dörfer, grenzenlose Armut. Als wir die ersten Male auf Motivsuche im Land waren, herrschte gerade eine bereits drei Jahre andauernde Dürrekatastrophe. Und dann, trotz allem, die Freundlichkeit der Menschen, ihr Kichern und Lachen, ihre Lebensfreude. Das hat mich ehrlich schwer beeindruckt!
Wurden die Rituale für den Film kreiert oder haben Sie für die Rituale, die zu sehen sind, an tatsächlichen Zeremonien teilgenommen?
Ja, denn wir haben großen Wert auf Authentizität gelegt. Die Regenzeremonie der Kikuyu Ältesten dauert in Wirklichkeit allerdings Stunden, weshalb wir sie im Schnitt extrem kürzen mussten. Ebenso die Savannah Zeremonie der Pokot, zu der Jettel und Regina in der Nacht gehen. Eigentlich ist das eine Initiations-Zeremonie für die jungen Männer einer ,Age-Group'. Lediglich auf die Bekleidung haben wir Einfluß genommen. Heute tragen die Männer natürlich auch T-Shirts und bunte Hemden.
Wie groß war die Versuchung bei einer solch grandiosen Kulisse, der beeindruckenden Landschaft doch mehr Gewicht zuzugestehen als geplant?
Ich wollte immer, dass sich die Landschaft, in der meine Geschichte stattfindet, quasi von selbst erzählt. Ich wollte sie nicht extra mit dickem Rotstift unterstreichen und sagen: Schaut alle her! Wir machen einen Film mit ganz, ganz tollen Landschaftsbildern und spektakulären Safariaufnahmen! Das hat man doch alles schon hundertmal gesehen. Sogar im Fernsehen, im Vorabendprogramm. Zudem erzählt meine Geschichte ja auch von einer unfreiwilligen Flucht aus der geliebten Heimat. Nicht von einer großen Abenteuerreise ins Paradies. Ich wollte immer, dass sich der Zuschauer erst langsam in diese fremde Welt verliebt, so wie meine Protagonisten auch. Und am Anfang ist diese Welt nun mal staubig, abweisend und hart.